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Künstler-Porträts (6): Yael Bartana
Frankfurter Rundschau | 03.06.2002
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++++ Yael Bartana könnte dem Frankfurter Kunstpublikum bereits bekannt sein - war sie doch im letzten Sommer mit einer Arbeit in der Ausstellung "Neue Welt" im Kunstverein vertreten. Damals zeigte die Israelin, die derzeit in Amsterdam lebt, ein Video von israelischen Soldatinnen bei Schießübungen und stellte dem Kollektiv Armee / Staat die einzelne Person gegenüber. Solche Fragen interessieren Bartana: Wie verhält sich das Individuum angesichts des Kollektivs? Wie besteht es innerhalb verordneter Strukturen, ohne das eigene Denken und damit sich aufzugeben?
Im Frankensteiner Hof präsentiert Yael Bartana die Videoinstallation Trembling Time: Der Betrachter blickt von einem erhöhten Standpunkt auf eine vorbei rollende Kolonne von Autos auf einer mehrspurigen Straße. Die Fahrt der Wagen ist in extremer Zeitlupe wiedergegeben und verlangsamt sich immer weiter, bis sie zum Erliegen kommt. Die Türen gehen auf, die Insassen steigen aus und stehen bewegungslos neben ihren Fahrzeugen. Wie auf ein geheimes Zeichen steigen sie schließlich alle wieder ein und setzen ihre Autos erneut in Bewegung. Akustisch begleitet wird das Geschehen von einer Mischung aus dumpfem Sirenengeheul, Fahrgeräuschen, Bremsenquietschen und undefinierbarem Brummen. Eigentlich passiert nicht mehr. Und doch vermag diese Beschreibung die Sache nur oberflächlich wiederzugeben. So körperlich trifft der unterlegte Ton, der nach einer Weile tatsächlich nur noch schwer zu ertragen ist. So geisterhaft wirkt das kollektive Halten, Aussteigen, Stillstehen und Weiterfahren. So merkwürdig, fast poetisch, mutet die Momente des Abbremsens und Anfahrens an, wenn es scheint, als würden sich die Wagen selbst überholen, indem sie geradezu aus sich heraustreten.
Trembling Time wurde von einer Straßenüberführung in Tel Aviv aufgenommen. Es zeigt eine Schweigeminute zum Gedenken für die Gefallenen in den israelischen Kriegen, zu der im ganzen Land Sirenen aufrufen. Auf der einen Seite also wieder der Staat und von ihm verordnetes kollektives Erinnern, auf der anderen die Einzelpersonen in ihrer Reaktion auf diese Vorgaben. Yael Bartana: "Im heutigen politischen Klima ist es wichtig, die Frage zu stellen, ob diese Rituale die Nation stärken, oder ob sie lediglich unsere Loyalität gegenüber dem Staat erhöhen, während sie unsere Fähigkeit, uns ein individuelles Urteil zu bilden, aushöhlen."
Frankensteiner Hof, Rittergasse, bis 25. August. jdv

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