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Künstlerporträts (60): Olivier Bardin
Frankfurter Rundschau | 06.08.2002
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++++ Es gibt Menschen, für die ist es nicht immer einfach, bloß da zu sein. Denn da sein, ohne etwas Bestimmtes daraus machen zu müssen, zum Beispiel in einem Raum mit anderen Leuten, kann schwierig sein. Da sein einfach so, ohne sich Gedanken machen zu müssen, wie man sich wohl am besten zu wem verhält, was man redet, wo man die Hände hat, an welchen Stellen man lacht und an welchen nicht.
"Beharrungsvermögen" nennt Olivier Bardin diese Gabe, die spezifische Art des unkomplizierten Daseins. Der in Paris lebende Videokünstler, Jahrgang 1968, lädt für seine Filme Menschen ein und überlässt sie vor einem weißen Hintergrund sich selbst, oder er setzt sie konstruierten Situationen aus, ohne weiter einzugreifen. Seine Rolle ist die des sezierenden Beobachters durch die Kamera, der wie ein Verhaltensforscher untersucht und dokumentiert. Dabei haben seine filmischen Ergebnisse nichts gemeinsam mit soziologischem Lehrmaterial.
Im Gegenteil, seine Aufnahmen von verschiedensten interagierenden Menschen sind von großer Klarheit und fast schon unrealistischer Ästhetik. Das Lachen, das Gestikulieren, nachdenkliches Augenbrauenheben, eine abrupte Kopfbewegung oder das Haare-aus-dem-Gesicht-streichen seiner Darsteller aus allen Altersklassen und verschiedenen Kulturkreisen wirken ganz so, als zählten die gezeigten Personen nicht zu denen, für die es schwierig ist, einfach da zu sein. Dabei manipuliert Bardin nachträglich, indem er sein Filmmaterial in kleine Sequenzen schneidet, die er nach einem eigenen, neuen Rhythmus aneinander fügt.
Es entsteht ein dichter Bewegungsablauf, wie er verwendet wird, wenn lange Abläufe in kurzer Zeit dargestellt werden müssen. Dabei gibt es keine Handlung. Trotzdem findet man sich schnell in die erzählerische Darstellungsweise, und entwickelt eine Ahnung, um was es in den Gespräch gerade gehen könnte. Platziert hinter der Theke des Cafés im Frankfurter Kunstverein, bildet die Videoprojektion eine passende Kulisse, eine zweite Ebene dessen, was tatsächlich dort passiert oder passieren könnte - nur schöner. Interessanter Weise lässt nämlich gerade die nachträgliche Bearbeitung Bardins, das Neu-Choreografieren der Begegnungen am Schneidetisch, das Auswählen und das Anordnen in einer neuen, unnatürlichen Reihenfolge die gezeigten Personen besonders echt erscheinen - erst das nachträgliche Ästhetisieren macht eine Art idealen Daseins möglich.
Frankfurter Kunstverein, Markt 44, Am Römerberg, bis 25. August. hoh

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