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Manifesta ist die Frage...
Januar 2001
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++++ Martin Fritz, Generalkoordinator Manifesta 4. Rede anlässlich der Pressekonferenz im Frankfurter Kunstverein am 25.1.2001
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++++ Manifesta ist die Frage, als deren Antwort sie sich ausgibt
frei nach Karl Kraus

Karl Kraus’ Diktum zur Psychoanalyse paraphrasierend könnte man formulieren: „Manifesta ist die Frage, als deren Antwort sie sich ausgibt.“ Entstanden in der Zeit nach den Reformen (Revolutionen) in Europa standen Überlegungen zur Zukunft von Biennalen beziehungsweise Gedanken zur Überwindung von deren Repräsentationsstrukturen im Vordergrund.

Das nomadisierende Wandern durch Europa, die Ausrichtung durch unabhängige Kuratoren und der Verzicht auf nationale Beteiligungen standen am Beginn dieses unfertigen Projektes wie die Frage nach dem Ort „Europa“ und die Hoffnung, neue Vermittlungsformen für aktuelle Kunst zu erproben. In der Idee „Manifesta“ und in den Diskussionen anlässlich der jeweiligen Ausstellungen zeigt sich die Offenheit aller Prozesse, denen eben – Gott sei Dank – noch keine abschließenden Erkenntnisse innewohnen.

Manifesta ist kein Stadt-Festival und auch nicht an eine feststehende Form gebunden. Die Veranstaltung erlaubt sich den Luxus, alle zwei Jahre über ihre eigenen Bedingungen nachzudenken und diese in Auseinandersetzung mit der jeweiligen Gastgeberstadt weiterzuentwickeln. Fest stehen nur die zentralen Rahmenbedingungen: europaweite Ausrichtung, Auswahl durch unabhängige Kuratoren, keine nationalen Quoten oder Entsendungen.

Wie beginnen? „Die Stadt als Material“, „Frankfurt als Peripherie?“ (Nicolaus Schafhausen). Eine Fülle von möglichen Schwerpunktsetzungen ließe sich aus der Stadt ableiten. Die Bezugsmöglichkeiten für Künstler und Team sind reichhaltig. Die Stadt eignet sich als Ausgangspunkt verschiedenster konzeptioneller Überlegungen. Dennoch: Der Horizont reicht darüber hinaus, und Manifesta tritt nicht an, um lokale Probleme zu lösen - standortpolitische schon gar nicht. Den Kuratoren bleibt es vorbehalten aktuelle künstlerische (also gesellschaftliche) Entwicklungen zu identifizieren und in den jeweils geeigneten Formen zu präsentieren. Dass dazu der Umgang mit der mittlerweile „alten Unübersichtlichkeit“ gehört, muss nicht betont werden.
Manifesta ist ein Programm, in dem sich die verschiedenen Formen und Formate wiederfinden können. Es ist zu erwarten, dass eine „Ausstellung“ Teil dieses Programms sein wird, doch ist dies nicht Vorbedingung. Wir hoffen für dieses Programm auch auf Impulse von Partnern aus Frankfurt ebenso wie aus anderen Orten Europas.

Der erste Abschnitt der Vorbereitungszeit wird intern unter dem Titel „Manifesta fragt“ stehen und folgende Schwerpunkte beinhalten:

Bestellung der Kuratoren;
Entwicklung der konzeptionellen Leitlinien;
Entwicklung der grundlegenden Formen und „Formate“;
Entwicklung der Struktur für die europaweite Recherche und Künstlerauswahl Identifikation der Schauplätze und Integration der Veranstaltung in den lokalen Kontext.

Diese Phase wird sich bis in den Sommer 2001 erstrecken. Es ist den Organisatoren ein Anliegen, diesen Prozessen die nötige Ruhe und Konzentration zu verschaffen und somit nicht zu früh die öffentliche Debatte darüber zu suchen. Weit entfernt davon, Manifesta als Tradition zu sehen, gilt doch: „Eine Denktradition bleibt nur dadurch lebendig, dass sich ihre wesentlichen Intentionen im Lichte neuer Erfahrungen bewähren...“ (J. Habermas). Diese Erfahrungen müssen erst gemacht werden.

Die ersten Veranstaltungen im Vorfeld der Manifesta 4 sind daher ab Oktober 2001 vorgesehen.
Die Veranstaltung stellt sich von Mai bis August 2002 zur Diskussion. Es bleibt daher noch genug Zeit, die Erwartungen zu erfüllen bzw. produktiv zu enttäuschen.

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von/by Martin Fritz

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