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Ausstellung Faz Net | 09.04.2002
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++++ Ausstellungsbeteiligungen verhökert
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++++ 9. April 2002 Seit fast einem Jahr laufen die Vorbereitungen für die vierte Ausgabe der europäischen Biennale für Zeitgenössische Kunst, Manifesta, in Frankfurt auf Hochtouren. Aus 1.000 Bewerbungen wählten drei internationale Kuratorinnen 70 Teilnehmer aus. Noch bevor die junge Biennale an unterschiedlichen Orten der Mainmetropole ihre Tore Ende Mai eröffnet, ist nun ein Künstler mit einem Batzen Geld in der Tasche abgesprungen.
Christoph Büchel hat seine Teilnahme an der Manifesta 4 über den Internetauktionator ebay verkauft. Statt seiner kommt die New Yorker Künstlerin Sal Randolph an den Main. An diesem Dienstag nimmt sie erste Gespräche mit den Veranstalterinnen auf.
Marktwert einer Ausstellungsbeteiligung
Als die drei Kuratorinnen aus Sofia, Paris und Barcelona den 35-jährigen Schweizer Konzeptkünstler Christoph Büchel zur Teilnahme in Frankfurt einluden, dachten sie vielleicht, er würde wieder eines seiner chaotischen Zimmer einrichten, in denen er das Leben fiktiver Benutzer als Gefängnis ihrer psychischen Zwänge inszeniert. Doch die Offenheit, mit der die 70 internationalen Künstler eingeladen waren, möglichst Neues für die Frankfurter Manifesta zu erdenken, veranlasste Christoph Büchel zu einer ungewöhnlichen Idee: Noch bevor er mühsam Objekte sammeln und kunstvoll arrangieren sollte, brachte er seine Einladung meistbietend auf den Markt. Dass er das Gesamtprojekt „Manifesta“ damit eher stützte, als es zu Fall zu bringen, war kalkulierbar, denn wer sollte mehr Interesse an seinem Angebot haben, als wieder ein Künstler?
Im Herzen der deutschen Finanzwelt ermittelte Büchel den Marktwert seiner Beteiligung. Er bot die Eintrittskarte zu der wohl wichtigsten Ausstellung für Nachwuchskünstler in Europa weltweit an. Mit dem Höchstgebot strich er schließlich 15.000 US-Dollar ein. Normalerweise steigen die Preise erst nach einer Ausstellung. Hier hat ein Zeitgenosse die Wettbewerbsmechanismen, die auch den Kunstmarkt beherrschen, ausgenutzt, umgemünzt und bloßgestellt, indem er die pure Chance zur Veröffentlichung eines Kunstwerkes wie eine hochdotierte Arbeit verkaufte.
Mechanismen der freien Marktwirtschaft
Kunst und Kommerz ist ein Thema dieses Ausstellungsfrühlings in Hamburg und Wien. Christoph Büchel ist es auf einmalig subversive, aber auch gefährliche Weise in Frankfurt gelungen, beides zur Deckung zu bringen. Einmalig deshalb, weil kein zweiter Künstler dieses Konzept kopieren wird, ohne sich in der Szene lächerlich zu machen. Gefährlich deshalb, weil Büchel selbst nie mehr zu einer Ausstellung eingeladen wird, ohne dass die Veranstalter bangen müssen, dass sein Beitrag nur auf seinem Bankkonto, nicht aber vor den Augen des Publikums zu sehen sein wird.
Wie der Generalkoordinator der Manifesta 4, Martin Fritz, gegenüber FAZ.NET in Frankfurt betonte, sei Büchels Projekt in vollem Einvernehmen mit den Kuratoren durchgeführt worden. Die Kuratorinnen ließen sich auf sein „Spiel“ ein, das einen unbekannten Teilnehmer einwechselt. Sie machten deutlich, dass das gezahlte Geld Teil des künstlerischen Konzeptes und damit Eigentum des Künstlers und nicht der Veranstalter bleibt. Allerdings haben die Kuratorendamen sich ein Veto-Recht in Bezug auf den neuen Teilnehmer, der nun eine Teilnehmerin ist, vorbehalten.
An diesem Dienstag beginnen die Verhandlungen. Man darf gespannt sein, wie die eingekaufte Harvard-Absolventin, Initiatorin des eben in New York angelaufenen Projektes „The Free Word Project“ und Konzeptkünstlerin Sal Randolph mit der Manifesta 4 ins Geschäft kommt.
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von/by Katja Blomberg
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