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Die Grenzen testen
Frankfurter Allgemeine Zeitung | 22.02.2002
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++++ Was ist ein Kurator: Ein Vortrag von Lionel Bovier in der Frankfurter Städelschule
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++++ Der Status von Kuratoren im modernen Kunstbetrieb ist noch immer ungeklärt und wurde bislang auch theoretisch kaum reflektiert. Ist der Kurator, der sich um die Organisation und Gestaltung von Ausstellungen kümmert, ein bloßer Erfüllungsgehilfe des Künstlers? Ist er ein PR- und Marketingexperte? Oder wird er selbst ästhetisch produktiv, ist er gar der wahre, heimliche „Schöpfer“, dessen Name zu Unrecht hinter den prominenteren Namen der ausgestellten Künstler verschwindet?
Daß solche Fragen sich schwer beantworten lassen, weil die juristischen, ökonomischen und ästhetischen Grundlagen kuratorischer Arbeit bisher weder vom Kunstbetrieb noch von den Kunstwissenschaften definiert worden sind, betonte der Genfer Kurator und Verleger Lionel Bovier in einem Vortrag, den er im Rahmen der Kunstbiennale „Manifesta 4“ in der Frankfurter Städelschule hielt. Bovier, der seit 1999 Direktor des Schweizer Kunstverlages „JRP Editions“ und als Kurator in „Le Magasin“, dem Zentrum für zeitgenössische Kunst in Grenoble, tätig ist, begann sein Referat mit einer Aufzählung von Methaphern, die zur Beschreibung kuratorischer Arbeit Herangezogen wurden. So sei der Kurator als „Meta-Künstler“, „DJ“, „Dirigent“ oder „Regisseur“ bezeichnet worden. Vergleiche, denen gemeinsam sei, dass sie die synthetisierende und „überwachende“ Funktion des Kurators betonten. Andererseits seien sie jedoch anderen Künsten entlehnt und könnten das Charakteristische kuratorischer Arbeit nur ungenügend fassen.
Bovier begegnet dieser Schwierigkeit, indem er anhand eigener Projekte eine „Methodologie“ der kuratorischen Tätigkeit entwarf und darstellte, worin seiner Ansicht nach die „Unabhängigkeit“ des Kurators bestehe. Anhand einiger Ausstellungen von „Fluxus“-Künstlern, fotorealistischen Arbeiten sowie eines neuen Projekts über ästhetischen Minimalismus für den Grazer Kunstverein veranschaulichte er sein Bestreben, statt „Objekten“ künstlerische „Situationen“ zu präsentieren, um der Verdinglichung der Exponate zu „gesichtslosen Gegenständen“ entgegenzuwirken. Außerdem versuche er, durch Einbeziehung marginaler Kunstformen „die Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz zu testen“. Die „Freiheit“ kuratorischer Arbeit realisiere sich dabei nicht einfach in der Auswahl der Exponate, sondern im „Collage- und Montageverfahren“, also in der Weise, wie die Stücke zusammengestellt würden. In diesem Sinn sei der Kurator weit mehr als eine Person, an die zeitweise künstlerische Autorität delegiert werde. Er werde vom Assistenten und Gehilfen zum „Produzenten“. Deshalb auch dürften, wie Bovier feststellte, Austellungen nicht als “Endergebnis“ künstlerischer Schaffungsprozesse, sondern als „Ausgangspunkt für etwas Neues“ begriffen werden.

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