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Niemand!
Frankfurter Rundschau | 29.01.2002
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++++ Hedwig Saxenhubers Vortrag im Rahmen der Manifesta-Reihe
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++++ Wenn der Besucherzuwachs bei jeder Veranstaltung proportional so bliebe,
müsse man am Ende noch die Jahrhunderthalle anmieten, merkte
Manifesta-Leiter Martin Fritz eingangs an. Die Aula der Städelschule war zum
zweiten Termin der Vortragsreihe im Rahmen von Manifesta 4 gut besucht. Was
auch am Bekanntheitsgrad der Referentin liegen mag: Hedwig Saxenhuber ist
Koeditorin der Springerin, eines in Wien erscheinenden Magazins für aktuelle
Kunst, und war vier Jahre lang Kuratorin im Kunstverein München. Dort begann
anlässlich einer Retrospektive 1992 auch ihre intensive Auseinandersetzung
mit der amerikanischen Konzeptkünstlerin Adrian Piper.
Von der New Yorkerin, deren Arbeit sich mit Rassismus im Alltag und
Fremdenfeindlichkeit befasst, entlieh sich Hedwig Saxenhuber auch den Titel
ihres Vortrags: "Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann?" fragte die in Wien
lebende Kuratorin rhetorisch. Eine Frage, auf die alle Angesprochenen für
gewöhnlich "Niemand!" rufen. Und das ist, wenn man es wie Adrian Piper mal
genauer untersucht, meist gelogen. Saxenhuber stellte einige Arbeiten Pipers
vor, die in ihren Performances seit den frühen Siebzigerjahren immer wieder
höchst einfache, aber unterschwellig brisante Fragen stellt wie: "Hatten sie
ein sexuelles Verhältnis mit einer schwarzen Person? Und wem haben sie
freiwillig davon erzählt?"
Dass sich die Rolle des Künstlers als Agent für soziale Verantwortung heute
seither geändert hat, ist unbestritten und hängt unter anderem mit der
veränderten Beschaffenheit des Wirkungsfeldes zusammen war in den
Sechzigerjahren der gesellschaftliche Raum eher eine passive, zu bespielende
Oberfläche, hat Öffentlichkeit heute in den verschiedenen Ausformungen wie
dem Internet oder dem kameraüberwachten urbanen Raum selbst die Qualitäten
eines Akteurs, der Gegenstand der künstlerischen Inhalte ist.
Ob die Erwartungshaltung an die Kunst, auf gesellschaftliche
Machtverhältnisse einzugehen, zur lähmenden Verpflichtung werden kann, und
warum sich ausgerechnet die Kunst mit den Dingen auseinandersetzen soll, die
doch schon in den Fernsehnachrichten bearbeitet werden, waren interessante
Fragestellungen Hedwig Saxenhubers, wobei es in ihrem vom Blatt abgelesenen
Vortrag weitgehend beim Fragen bleib.
Aufschlussreich, auch in Hinsicht auf die Ende Mai beginnende Biennale
Manifesta, die auch aktuelle Kunst aus Osteuropa fokussiert, war Saxenhubers
Feststellung, dass die zeitgenössische Kunst in den ehemaligen
Ostblockländern auffallend wenig politische Inhalte aufweist. Denn das
Aufeinandertreffen von Kunst und Politik hatte dort in der Vergangenheit
weniger mit kritischem Diskurs als mit Vereinnahmung und Utilisierung zu
tun. So ist für die Künstler aus beispielsweise Polen oder Tschechien heute
das Fehlen politischer Inhalte nichts anderes als eine bewusste
Verweigerung, die eine höchst politische Dimension hat.

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von/by Silke Hohmann

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