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Künstler-Porträts (9): Dirk Fleischmann
Frankfurter Rundschau | 06.06.2002
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++++ Dirk Fleischmann Für eine Bilanz ist es noch zu früh. Fest steht aber, dass die dänische Künstlerin Lise Harlev ordentlich Gewinn machen wird durch Dirk Fleischmanns Beitrag zur Manifesta 4, "Das Bistro". Schließlich hat sie sich ein auf Kunstveranstaltungen überaus gängiges und auch insgesamt höchst populäres Produkt zum Verkauf ausgesucht: Beck's Bier in der Flasche, eine Marke, die weltweit nach Angaben der Künstlerin pro Minute dreitausenfach getrunken wird. Zudem kommt der Verkaufspreis zu hundert Prozent ihr zugute.
Fragt sich nur, was Bierverkaufen tatsächlich mit Kunst zu tun hat. Der Städelschüler Dirk Fleischmann untersucht seit 1998 wirtschaftliche Modelle anhand von einfachen ökonomischen Prozessen. Beispielsweise verkauft er Kioskprodukte zum Einkaufspreis, bittet die Käufer aber um eine persönliche Dreingabe und schafft so einen Mehrwert, der einen alternativen Blickwinkel auf Begriffe wie Profit und Wirtschaftlichkeit zulässt.
In seinem Beitrag zur Manifesta 4 bietet er seinen teilnehmenden Kollegen nun die Möglichkeit, mit einem Produkt ihrer Wahl und zu selbst gewählten wirtschaftlichen Konditionen an seinem Kiosk zu partizipieren. Voraussetzung dafür war, dass sie auf ihr Künstlerhonorar von 250 Euro verzichten und sich trauen, die finanzielle Basis ihrer Manifesta-Teilnahme zu einer spekulativen Angelegenheit werden zu lassen.
Hans Schabus zum Beispiel entscheidet sich für Schnaps mit einer Gewinnspanne von 2,10 Euro, Yael Bartana dagegen schöpft bei einer Scheibe Wassermelone zu 1 Euro nur 70 Cent ab. Maria Papadimitriou macht ihren Beitrag zum kritischen Statement, indem sie das Kapitalismus-Symbol Coca Cola zu 4 Euro verkaufen lässt, während Fernando Bryce mit seinem Rezept eher die Experimentierbereitschaft der Kundschaft testet: "1 Banane, serviert wie eine Wurst, mit Honig und Senf" lautet sein Rezept, erhältlich für einen Euro.
Der 1974 in Schweinfurt geborene Künstler Dirk Fleischmann fragt in seinen Projekten auf bescheidene wie beharrliche Art, was wäre, wenn die ökonomischen Gefüge anders organisiert wären. Durch das Zugrundelegen von ungewöhnlichen Parametern nimmt er eine Perspektive ein, die das Gesetz der freien Marktwirtschaft als bewusste Verzerrung des Verhältnisses von Wert und Ware erscheinen lässt.
Fleischmanns kontinuierliche ökonomische Feldforschung zeigt, dass die gegebenen Umstände zwar keineswegs unabdingbar sind. Bloß hat sich dieses offenkundige Missverhältnis, ohne dass es im täglichen Umgang je hinterfragt würde, zum gesellschaftlichen Konsens entwickelt.
Frankensteiner Hof, Große Rittergasse 103, Das Bistro ist täglich von 15 bis 15 und 16 bis 19 Uhr geöffnet. hoh

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