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Von Istanbul bis Reykjavik
Dresdner Neueste Nachrichten | 22.02.2002
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++++ Gespräch über die Kunstbiennale „Manifesta 4“ in Frankfurt
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++++ Am 24. Mai beginnt in Frankfurt die vierte europäische Kunstbiennale „Manifesta“, die seit ihrer Gründung 1996 in Rotterdam, Luxemburg und Ljubljana zu Gast war. Damit eröffnet kurz vor der Kasseler „documenta“ eine weitere Schau zeitgenössischer Kunst. Organisatorisch ist die „Manifesta 4“ an das Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm gebunden, einer internationalen Spielstätte für Theater, Tanz und Musik. Der Österreicher Martin Fritz (38), seit einem Jahr Generalkoordinator der „Manifesta 4“ und von Hause aus Jurist, hat mehrfach an der Schnittstelle zwischen Kunst und Verwaltung gearbeitet, etwa das Kunstprojekt der Expo 2000 in Hannover organisiert. Im Gespräch erläutert er das Anliegen der „Manifesta“, berichtet von Vorbereitungen, Finanzierung, Kuratorinnen und gibt seinen Eindruck von Frankfurt wieder.

FRAGE: Was will die „Manifesta“?
FRITZ: Die „Manifesta“ will das größer gewordene Europa präsentieren und konzentriert sich auf aktuelle Kunst, unabhängig davon, ob sie in Weißrussland, Portugal, Paris, London, Skopje oder Wien produziert wird. Wir wollen Gelegenheit geben, sich mit dem zu beschäftigen, was möglicherweise die nächsten zehn Jahre im etablierteren Kunstbetrieb zu sehen sein wird.

FRAGE: Wie unterscheidet sie sich von anderen Festivals?
FRITZ: Es gibt drei Regeln: Erstens wandert die Schau alle zwei Jahre von Stadt zu Stadt. Zweitens wird sie von einem unabhängigen Kuratorenteam vorbereitet. Drittens gibt es keine nationalen Quoten, Schwerpunkte oder Länderpavillons. Die „Manifesta“ hat sich vom Prinzip der nationalen Repräsentation verabschiedet.

FRAGE: Wie sehen Sie das Verhältnis zur Kasseler „documenta“, die am 8. Juni ihre Pforten öffnet?
FRITZ: Sehr gut nachbarschaftlich, auch auf persönlicher Ebene. Wir kennen das „documenta“-Team gut, teilweise sind die Mitarbeiter aus derselben Generation. Die Parallelität beider Veranstaltungen ist eine Chance für das Publikum, sich anhand von zwei großen Ausstellungen einen Überblick über die zeitgenössische Kunst zu verschaffen. Und ich glaube, wir ergänzen einander gut. Die „documenta“ muss die ganze Welt und einen Zeitraum von fünf Jahren im Blick behalten, die „Manifesta“ beschränkt sich auf Europa von Porto bis Moskau, von Istanbul bis Reykjavik und kann schneller agieren.

FRAGE: In vier Monaten beginnt die „Manifesta“. Wie ist der Stand der Dinge?
FRITZ: Künstlerauswahl, Konzeption und inhaltliche Ausrichtung werden von drei Kuratorinnen verantwortet. Iara Boubnova aus Sofia, Nuria Enguita Mayo aus Barcelona und Stéphanie Moisdon Trembley aus Paris haben neun Monate lang Europa bereist und etwa 1000 Künstler getroffen. Wir stehen kurz vor der endgültigen Auswahl von 40 bis 60 Teilnehmern.

FRAGE: Welche Standorte stehen zur Verfügung?
FRITZ: Im Zentrum der Kunstverein, die Außenflächen der Schirn Kunsthalle und der Portikus, auf der anderen Mainseite die Städel-Ausstellungshalle, die Städel-Schule, das ehemalige Stadtentwässerungsamt und hoffentlich öffentliche Flächen entlang des Flussufers. Den Rundgang kann man überall beginnen. Dazu kommen Projektschauplätze, denn wir wollen Künstler dazu einladen, sich mit der Stadt zu beschäftigen.

FRAGE: Wie sieht die Finanzierung aus?
FRITZ: Derzeit haben wir 1,5 Millionen Euro, davon 1,25 Millionen Euro von der Stadt Frankfurt. Der Rest kommt von der Allianz Kulturstiftung und der Messe Frankfurt. Wir brauchen jedoch 1,85 bis 2,0 Millionen Euro und hoffen auf Zuschüsse von der EU. Wir sind also gut im Rennen, benötigen aber noch Sponsoren.

FRAGE: Wird es einen thematischen oder regionalen Schwerpunkt geben?
FRITZ: Nein, im Vordergrund stehen die Künstler und die Aktualität ihrer Beiträge. Nach Abschluss der Künstlerauswahl werden sich vielleicht atmosphärische Schwerpunkte zeigen. Aber wir werden über das Frühjahr Vorträge von Kritikern, Kuratoren und Kunstvermittlern in der Städelschule haben und damit einen gedanklichen Hintergrund darstellen.

FRAGE: Wie ist die Zusammenarbeit mit den Kuratorinnen?
FRITZ: Die Kuratorinnen entscheiden völlig autonom, was sie zeigen wollen. Wir als Veranstaltungsteam übernehmen die Organisation für sie und die Künstler. Ich bin beschäftigt mit der Koordination des Programms und der beteiligten Institute, halte auch Kontakte mit Institutsleitern, um Ansprechpartner zu haben, wenn etwa ein Künstler ein Gewächshaus braucht.

FRAGE: Ist Frankfurt für Sie eine kunstfreundliche Stadt?
FRITZ: Frankfurts Reiz liegt im Widerspruch zwischen Metropolenanspruch und geografischer Kleinheit; auch Spannungsfelder wie Migration oder Kapital bilden sich hier gut ab. Die Kunstinstitute sind sehr kooperativ, zumal die junge Generation der Leiter von Kunstverein, Schirn Kunsthalle, Städelschule und Museum für Moderne Kunst für neuen Schwung sorgt. Für eine Stadt dieser Größenordnung hat Frankfurt eine unglaubliche Fülle von Kunstorganisationen und damit von Kunstfreunden.

FRAGE: Wird die Stadt auch ein Thema der Künstler sein?
FRITZ: Das hoffe ich

Das Gespräch führte Christian Huther

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von/by Christian Huther

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