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Künstler-Porträts (14): Massimo Bartolini
Frankfurter Rundschau | 12.06.2002
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++++ Man muss sich ganz schön strecken, um in Massimo Bartolinis Installation im Frankensteiner Hof zu gelangen - die Treppenstufe ist extrem hoch. Genau 50 Zentimeter höher als die Norm. Drinnen haben sich die gewohnten Verhältnisse ebenfalls verschoben, indem der Fußboden um 50 Zentimeter angehoben wurde.
Das Inventar allerdings, ausgezogenes Bettsofa, Klavier, Arbeitstisch, Regale und Herd, befindet sich auf der üblichen Höhe und ist dadurch in den Boden eingelassen. Die meisten Möbel ragen noch ein gutes Stück heraus, Bett und Klavierhocker sind genau eingeebnet, die Tür ist für alle Zeiten halb geöffnet. Man läuft Gefahr, sich an der Deckenlampe zu stoßen, die plötzlich in Augenhöhe vor einem auftaucht. Jedenfalls sieht es in den beiden kleinen Räume aus, als hätte es ein Backsteinhochwasser gegeben. Wenn man diesen Faden weiter spinnt, wandelt der Betrachter auf dem Wasser, während die Möbel darin versinken.
Der Italiener Massimo Bartolini, geboren 1962, setzt Gewohntes mit minimalen Eingriffen außer Kraft. Er bringt Dinge aus dem Gleichgewicht, um sie in neuen Ordnungen wieder zusammen zu fügen. Im Jahr 2000 etwa ließ er einen Raum durch eine eingefügte Drehtür teilen. In der einen Raumhälfte befand sich Jasmin-, in der anderen Erdgeruch. Die Besucher, die durch die Drehtür von einer Seite auf die andere gelangten, vermischten beide Düfte. In einer anderen Installation richtete er ein komplettes Zimmer unter einer Theaterbühne ein, während er den Bühnenraum mit Hilfe von gleißendem Licht geradezu immateriell auflöste. Mit solchen und ähnlichen Arbeiten war er 1999 auf der Biennale in Venedig und voriges Jahr im Lenbachhaus oder im P.S.1, New York, vertreten.
Bartolini ist kein Freund der großen Gesten. Im Frankensteiner Hof setzt er allein durch den erhöhten Boden die Möbel außer Funktion und unsere normale Einteilung, unsere Grundorientierung in vertikal und horizontal außer Kraft. Und wer genau hinschaut, wird das Loch in der Decke sehen, genau über dem Arbeitstisch. Ein Loch, das den Blick freigibt in einen lichtdurchfluteten Raum ohne erkennbare Ecken und Kanten. Einen transzendentalen Raum, der sich öffnet über einem Ort geistiger Konzentration.
Two horizonts nennt Bartolini seinen Manifesta-Beitrag. Das ist durchaus im übertragenen Sinne zu verstehen: Manchmal ist es eben nötig, den eigenen Horizont zu erweitern.
Frankensteiner Hof, bis 25. August. jdv

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