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Künstler-Porträts (20): Antal Lakner Frankfurter Rundschau | 20.06.2002
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++++ "Das find' ich jetzt echt albern, Leuchttürme auf dem Main!", kommentiert die vorbei skatende Blondine. Und sie hätte Recht, wenn das, was da auf dem Main in Höhe des Städel auf dem Fluss schwimmt, ein Leuchtturm wäre. Tatsächlich aber handelt es sich um einen Beobachtungsposten der isländischen Armee, der zur Laufzeit der Manifesta am Mainufer Stellung bezogen hat.
Antal Lakner hat ihn dort positioniert - ihn und einen Container, in dem die Marine- und Landuniform sowie eine Art Blechsarg mit Sehschlitzen ausgestellt sind. Das Projekt The Icelandic Army beschreibt eine fiktive, unbewaffnete Armee, die aufgrund des Fehlens militärischer Bedrohung allein Defensiv- und. Beobachtungsaufgaben versieht. Dafür entwickelte Lakner, 1966 geboren und in Budapest lebend, verschiedenste Gerätschaften. Der grüne Blechsarg im Container etwa nennt sich Turtle, hat vorne eine Klappe für den Ein- und Ausstieg und kann per praktischen Haltegriffen an den Seiten überall dort abgestellt werden, wo Beobachtung von Nöten ist. Die Turtle-Platzierung innerhalb Islands lässt sich anhand einer Landkarte nachvollziehen. Dort sind auch die Einsatzgebiete des verunglückten Leuchtturms verzeichnet. Der trägt den Namen Plankton, sieht ein bisschen aus wie ein zu groß geratener, umgedrehter Fingerhut mit Flagge und ist für die Beobachtung auf dem Wasser vorgesehen.
Lakners Arbeiten bewegen sich auf der Schwelle zwischen Fiktion und Realität, Ernsthaftigkeit und Ironie, Spielzeug und bitterem Ernst. Bei der Realisierung seiner Projekte legt er Wert darauf, die Fiktion nicht als solche erkennbar werden zu lassen. Alles kommt professionell und durchdacht daher und könnte ebenso gut real sein. Nur das Provisorische der Ausführung von Turtle und Plankton geben einen Hinweis darauf, dass es sich um erfundene Objekte handelt: In Turtle kann man höchstens zehn Minuten flach auf dem Boden liegend durch die Sehschlitze spähen, bevor sämtliche Gliedmaßen eingeschlafen sind. Auch die vorgegebene Haltung für Plankton-Insassen mutet nicht gerade bequem an - abgesehen davon, dass das Ding schon im zahmen Wellengang des Mains bedrohlich hin und her schwankt. Und dann auf der Nordsee? Oje! jdv
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