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Künstlerporträts (44): Esra Ersen
Frankfurter Rundschau | 18.07.2002
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++++ "Fun City" steht in Leuchtlettern über der Spielhalle in Istanbul, und ein Schlager über grüne Hügel und Veilchen dringt auf die Straße. Grüne Hügel und Veilchen, das kann der Junge mit dem verschleierten Blick und den krustigen Fingernägeln auswendig. Er singt mit halb geschlossenen Augen mit, während er durch die Passage wandelt, den Lappen mit Lösungsmittel immer in der Hand, den er alle paar Minuten zum Mund führt.
Die drei anderen kleinen Jungs auf dem Grünstreifen sind höchstens acht Jahre alt. "Wir sind hier wegen unserer Väter", sagt der eine, "Väter stinken". Und wie sie lachen, sich in den Arm nehmen oder sich gegenseitig Filmausschnitte erzählen, die sie sich ausgedacht haben, sieht es so aus, als könne man auch im Elend, im Zustand des Ausgestoßenseins, etwas wie glückliche Momente erleben. Wären da nicht die verstörenden sexuellen Handbewegungen und Grimassen, die sicher nicht vom schlechten Umgang mit Älteren zeugen, sondern von Erfahrung.
Der Film This is Disney World, den Esra Ersen über die Straßenkinder von Istanbul gedreht hat, geht der Sache nicht auf den Grund, wie es ein guter Dokumentarfilm vielleicht versuchen würde. Die 1970 in Ankara geborene Künstlerin ist keine Beobachterin im journalistischen Sinne. Sie bringt sich selbst mit ein, ergreift Initiative, nimmt Kontakt auf, ohne selbst in ihrer Arbeit aufzutauchen. Aber anhand dessen, wie die Kinder auf sie reagieren, was sie ihr erzählen, wie sie ihr an der Schaufensterauslage eines Fotoladens die Welt erklären, ist abzulesen, in welchem Maße Esra Ersen als Person in ihrem Film eine Rolle spielt.
Die Straßenkinder von Istanbul fühlen sich ernst genommen von der Künstlerin mit der Kamera, sie machen ihr nichts vor. Hier, das steht fest, ist nichts mehr zu retten. Das wissen die Kinder, die eigentlich mit Pausenbroten auf dem Schulhof herum rennen sollten, statt mit Klebstoff auf dem Bürgersteig zu liegen. Was sie ihr erzählen, klingt erschreckend alt und ohne jede Illusion: "Unser Schicksal ist vorbestimmt. Es steht auf unseren Stirnen: Idiot." hoh
Städelsches Kunstinstitut, Holbeinstraße 1, bis 25. August.

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