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Künstlerporträts (62): Bleda y Rosa Frankfurter Rundschau | 08.08.2002
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++++ Die Suche nach den eigenen Wurzeln steht für den Versuch des Menschen, sich in der Gegenwart zu orientieren, seinen Standpunkt in der Welt zu finden. Um die Geschichte seiner Kultur zu wissen und sich als Teil derselben zu begreifen, kann hilfreich sein für den eigenen Weg, der einfacher zu gehen ist in dem Gefühl, kulturell und historisch verortet zu sein.
Das spanische Künstlerpaar Maria Bleda und José Maria Rosa haben eine sehr poetische und konzeptuell überzeugende Möglichkeit gefunden, ein Nachdenken über Geschichte und das kollektive Gedächtnis anzuregen. Im Kunstverein zeigen sie vier großformatige Farbfotografien, auf denen die historischen Stätten von Knossos, Kerkouane, Bulla Regia und - ein Reverenz an Frankfurt und seine Umgebung - des Glaubergs abgebildet sind. Vier unspektakuläre Aufnahmen von Ruinenmauern, Mosaikfußböden und verfallenen Innenräumen mit dorischen Säulen. In dunklen Rahmen präsentiert und so tief gehängt, als solle der Betrachter direkt hinein steigen. Die Überreste glorreicher griechischer, phönizischer, römischer und keltischer Kultur, menschenleer und in ihrer Stille seltsam gelassen. Dabei unterscheiden sich Bleda y Rosas Darstellungen von denen professionell gemachter Bildbände: Da liegen schon mal zwei Drittel des Raumes im Schatten, ist der Mosaikfußboden nur stellenweise zu erkennen oder nimmt der Himmel mehr als die Hälfte der Fotografie ein.
Auch in früheren Arbeiten beschäftigen sie sich mit in die Gegenwart eingelagerter Vergangenheit. Die Serie leerer Fußballplätze etwa enthält alles, was sich dort abgespielt hat, ohne es abzubilden: den Schweiß, den Jubel, die Buhrufe, die Tore, die in die nun verlassenen Netze gefallen sein mögen. Die Aufnahmen von Schlachtfeldern dagegen zeigen wogende Getreidefelder, blumenübersähte Wiesen oder sonnendurchflutete Olivenhaine. Den Hinweis, dass an diesen paradiesischen Plätzen blutige Kriege ausgefochten wurden, gibt ein beigestelltes Schild - doch hatte man es bereits geahnt.
Ähnlich funktionieren auch die Bilder im Kunstverein. Keine der Fotografien drängt sich auf, trotz ihres großen Formates. Keiner dieser Orte schreit: "Sieh' her, ich bin eine wichtige Stätte bedeutender Kultur!" Sie sind einfach da, still und selbstverständlich. Und das ist gut zu wissen.
Frankfurter Kunstverein, Markt 44, Römerberg, bis 25. August . jdv
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von/by
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