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Künstler-Porträts (1): Sancho Silva
Frankfurter Rundschau | 27.05.2002
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++++ An der Manifesta 4 in Frankfurt nehmen rund achtzig Künstlerinnen und Künstler teil. Wir werden sie und ihre Arbeiten in den kommenden Wochen vorstellen. Die Fotos wurden uns von der Zeitschrift Art Kaleidoskop zur Verfügung gestellt.
Der Wunsch, möglichst immer und in jeder Situation den Überblick, den Durchblick zu haben - er ist nichts als eine Umschreibung für die Anstrengungen, die Dinge einigermaßen in den Griff zu bekommen. Vielleicht ist das auch einer der wesentlichen Antriebe für die Kunst. Vielleicht versuchen Künstler auch dies: sich einen Überblick über die Welt, das Leben zu verschaffen. Ob auf der Manifesta 4 oder anderswo. Und für die Ausstellungsbesucher gilt das auf andere Weise natürlich ebenso. Dass solche Unternehmungen letztlich zum Scheitern verurteilt sind und wohl sein müssen, ändert nichts am unermüdlichen Bestreben, sich einer irgendwie gearteten Kontrolle versichern zu wollen.
Der Portugiese Sancho Silva bietet den Betrachtern mit seinem Beitrag zur Manifesta 4 scheinbar Hilfestellung, eine Situation überblicksartig zu erfassen. Im Frankensteiner Hof in der Rittergasse präsentiert er eine bunkerähnliche Holzkonstruktion in einem der Ausstellungsräume. Zunächst dominiert der Eindruck hermetischer Geschlossenheit. Erst beim Näherkommen werden schmale Schlitze in Augenhöhe sichtbar. Aber zu sehen ist nichts. Man blickt ins Dunkel.
Beim Umrunden des Frankensteiner Hofes stößt man auf einen Seiteneingang, der in den ersten Stock und damit ins Innere des "Bunkers" führt. Und da ist er - der ersehnte Durchblick. Im Dunkeln stehend und an die Schlitze im Holz gedrückt, beobachten wir das Treiben auf der anderen Seite der Wand. Eine Zeit lang ist es durchaus amüsant, dieses Gefühl, heimlich die Anderen anzuschauen, wie sie von Werk zu Werk wandern, ihre Ratlosigkeit angesichts der Holzwand zu registrieren (wie befriedigend: Wir haben das Rätsel bereits gelöst!) und Gesprächsfetzen aufzufangen. Doch irgendwann will man mehr, will den kompletten Gang des netten jungen Mannes durch den Ausstellungsraum verfolgen, seinen Blick an die Decke mit vollziehen - aber es geht nicht. Wie wir uns auch drehen und wenden, der Schlitz ist zu schmal. Und plötzlich wird klar: Was wir sehen, ist nur ein kümmerlicher Ausschnitt eines komplexen Ganzen. Eines Ganzen, an dem wir nicht teilhaben, weil wir außerhalb stehen.
Einen kleinen Trost aber gibt es: Eventuell auftretende Frustration - angesichts der Aussichtslosigkeit, sich den finalen Überblick zu verschaffen, ja möglich - lässt sich wohltuend umleiten, indem man unerkannt die Besucher auf der anderen Seite der Wand ein wenig irritiert.
Frankensteiner Hof, Rittergasse. jdv


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