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Künstlerporträts (23): Ibon Aranberri
Frankfurter Rundschau | 24.06.2002
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++++ Direkt neben der Flößerbrücke, da wo viele Obdachlose schlafen, früher in Frankfurter Fernsehkrimis gerne die Leichen aus dem Wasser gezogen wurden und heute Heckenrosenrabatten und frisch gepflanzte Bäume das Ambiente heben sollen - dort hat Ibon Aranberri seinen Beitrag zur Manifesta 4 platziert.
Das Ganze hat etwas von einer überdimensionierten Bushaltestelle mit einer Plattform aus Beton und schwarz-stählernem Dach. Die Rückwand wird eingenommen von der Wiedergabe eines der wohl berühmtesten Gemälde des vergangenen Jahrhunderts: Picassos Guernica.
Es gibt wenig künstlerische Äußerungen, die sich so sehr ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben wie dieses Monumentalbild. 1937 nach dem Bombenangriff der berüchtigten Legion Condor entstanden, der die "heilige Stadt des Baskenlandes" in Schutt und Asche legte, ist es das erste Gemälde, in dem Picasso unverhüllt politisch und moralisch anklagend auftritt. Es ist ein Mahnmal gegen Gewalt, gegen die Willkür des Spanischen Bürger- und des Massenvernichtungskrieges mittels einer allegorisch verschlüsselten Bildsprache. Gleichzeitig steht es für die Möglichkeiten der Malerei, Zensiertes - die Morde von Guernica wurden von den Beteiligten abgestritten - in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen.
Die Version des Basken Aranberri allerdings kommt merkwürdig leblos daher. Alles wirkt mit seinen harten Umrisslinien wie akkurat abgepaust, die Hell-Dunkel-Modulationen des Originals werden ersetzt von nüchternen Schwarz-Weiss-Kontrasten. Was bei Picasso pures Grauen in Form von zu Fratzen verzerrten Gesichtern, aufgerissenen Mündern und verzweifelt gereckten Armen ist, wird bei Aranberri zum Herunterbeten eines berühmten Formenkanons - erstarrt, eingefroren und clean. Damit holt er ein in Vergessenheit geratenes Ereignis hervor, um es neu und in seiner Aussagekraft für die heutige Zeit zu befragen. Das Fazit ist ernüchternd: Im Grunde hat sich nichts geändert.
Das mit den Leichenfunden am Obermainkai in Fernsehkrimis weiß Aranberri wohl nicht. Und ob er den Blick auf Gianni Mottis Nachbau der Gefängniszelle von PKK-Führer Öcalan am anderen Mainufer geplant hat, ist auch nicht sicher. Trotzdem ist es irgendwie passend. jdv
Obermainkai, Flößerbrücke, bis 25. August.

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